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Ehrenamtliche Sanitäter fühlen sich bei Neubau-Vorhaben im Stich gelassen

Demotiviert aber unverzichtbar: BRK-Bereitschaft war 2016 allein 19 Mal zur Rettungsdienst-Spitzenabdeckung bei Engpässen für die heimische Bevölkerung im südlichen Landkreis im Einsatz

BERCHTESGADEN (ml) – Die ehrenamtliche BRK-Bereitschaft Berchtesgaden hat am Montagabend bei ihrer Jahreshauptversammlung auf ein sehr arbeitsreiches Jahr im Dienst der heimischen Bevölkerung zurückgeblickt und kritisch ihr immer wieder gescheitertes Neubau-Vorhaben thematisiert: Seit 2011 sucht die freiwillige BRK-Gemeinschaft mit Unterstützung der inneren Landkreis-Gemeinden nach einer neuen, geräumigeren Unterkunft und fühlt sich dabei mittlerweile hingehalten und im Stich gelassen, denn auch das jüngst im Bischofswieser Färberwinkel gefundene Grundstück ist nun wegen einer halben Million allein für Hangsicherungsarbeiten wieder vom Tisch. Fahrzeuge und Ausrüstung der ehrenamtlichen Sanitäter sind zuwider vieler Unfallverhütungsvorschriften unter teils sehr beengten Verhältnissen auf vier verschiedene Standorte verteilt, was die Ausrückzeiten erhöht und an der Motivation der Ehrenamtlichen nagt.

Motivation der Ehrenamtlichen leidet
„Jeder Feuerwehrkommandant hätte bereits seit Jahren sein Amt niedergelegt, da er so weder die Gefährdung der Mannschaft ausschließen noch ein effektives Ausrücken gewährleisten kann“, kritisiert der Leiter der Schnell-Einsatz-Gruppe (SEG), Bernd Resch, dessen Mannschaft 2016 allein 19 Mal zur Spitzenabdeckung bei Engpässen zur Versorgung der heimischen Bevölkerung gefordert war, als der reguläre Rettungsdienst bereits mit allen Fahrzeugen gebunden war – 400 Prozent mehr als 2015. „Wir werden dabei als regulärer Rettungsdienst und nicht als zusätzliche, durch Spenden finanzierte, ehrenamtliche Sicherheitsreserve wahrgenommen, da die Fahrzeuge fast gleich aussehen und nahezu identisch ausgestattet sind“, erklärt Resch. „Es erweckt den Eindruck, wir wären ein notwendiges Übel, das mit Versprechungen zum Neubau  immer wieder ruhig gestellt werden soll. Irgendwann kommt, wenn Not am Mann ist, aber kein Fahrzeug der SEG Berchtesgaden mehr, da das Personal, trotz unserer Besänftigung, dass wir zum Bau zuversichtlich sind, unter diesen Bedingungen nicht mehr bereit ist, die SEG zu besetzen. Ist das das Ziel der Verantwortlichen? Wir haben mittlerweile auch den Glauben daran verloren, da wir immer vertröstet wurden, und irgendwann ist halt das Ende der Fahnenstange erreicht!“, bedauert Bereitschaftsleiter Walter Söldner, der seinem gesamten Team für das Durchhaltevermögen dankte. Weitere von der Gemeinde Berchtesgaden vorgeschlagene Lösungen sind an der Platzgröße oder den Umbaukosten gescheitert. Aktuell sind Fahrzeuge auf das BRK-Haus im Wiesenweg, das K-Lager im Marktschellenberger Feuerwehrhaus, die Rathausgarage in Berchtesgaden und den Bauhof verteilt. Resch: „Bereits 2013 hab ich bei der Jahreshauptversammlung gesagt, dass der Katastrophenschutz im südlichen Landkreis gefährdet ist. Heute ist er es mehr als jemals zuvor, wenn nicht in sehr kurzer Zeit eine Lösung gefunden wird!“

Ehrengäste äußern sich zuversichtlich zum Neubau
Kreisbereitschaftsleiter Florian Halter lobte in seinem Grußwort die Bereitschaft Berchtesgaden für ihre trotz der schwierigen Rahmen-Bedingungen große Motivation: „Ihr seid in der Landkreis-Statistik bei den geleisteten ehrenamtlichen Stunden ganz vorne dabei; beim Bauvorhaben ist aber momentan Stillstand und ein Ehrenamtlicher ist kein bezahlter Arbeitnehmer und geht halt irgendwann, wenn er nicht mehr mag. Bitte haltet noch ein wenig aus, der momentane Zustand ist nicht tragbar, wir schauen aber, dass wir mit den Verantwortlichen zeitnah eine Lösung finden!“BRK-Kreisvorsitzender Roland Richter setzt sich ebenfalls persönlich für eine Lösung ein und gab sich in seinem Grußwort zuversichtlich: „Es ist bei den Verantwortlichen angekommen, dass es fünf vor Zwölf ist und unter den Nägeln brennt. Stellvertretend für die Gemeinden des inneren Landkreises lobte Bischofswiesens Bürgermeister Thomas Weber, der selbst ehrenamtlicher Feuerwehrmann ist, die BRK-Bereitschaft für ihren Einsatz: „Ich kann Euch nachempfinden, denn auch wir haben zehn Jahre lang für das neue Feuerwehrhaus in Bischofswiesen kämpfen müssen. Bitte bleibt bei der Stange, denn die Verhandlungen laufen gut und ein Licht am Ende des Tunnels ist erkennbar!“

25 Arbeitswochen jährlich nur fürs Rote Kreuz
Aktuell gehören konstant wie im Vorjahr 76 Mitglieder aller Altersstufen zur Bereitschaft, von denen 15 Aktive den Großteil der Arbeit stemmen und 2016 über 16.000 ehrenamtliche Stunden geleistet haben – nur 175 weniger als im durch die Flüchtlinge bedingten Rekord-Jahr 2015. Im Schnitt investiert jeder Aktive also 25 Arbeitswochen jährlich mit sehr viel ehrenamtlicher Leidenschaft und Verzicht nur fürs Rote Kreuz –  bei Einsätzen, Diensten, Übungen und Ausbildungen, aber auch in der Mittelbeschaffung, denn um die Spenden für ihre Ausrüstung und Ausbildung müssen sich die Freiwilligen auch selbst kümmern: Mit der Glückshafen-Losbude, mit Glühwein-, Bosna- und Kuchen-Verkauf bei diversen Märkten und mit der Altkleidersammlung. „Wer Alt-Textilien hat, kann sich auch unterm Jahr direkt  bei mir oder Bernd Resch melden; wir holen die Sachen dann direkt ab – der Erlös aus dem Verkauf fließt direkt wieder in den heimischen Katastrophenschutz“, erklärt Söldner.

Kaum eine Veranstaltung ohne das Rote Kreuz
81 Sanitätsdienste bei Veranstaltungen musste die BRK-Bereitschaft Berchtesgaden 2016 besetzen, oft auch unter der Woche zur regulären Arbeitszeit, wofür einige extra Urlaub nahmen, darunter Highlights wie Skispringen am Kälberstein, Skijöring am Hochschwarzeck, Auto-Slalom am Königssee-Parkplatz, die Winterspiele der Christophorus-Schulen, das Apothekertreffen im Kurhaus, die Schellenberger Gesundheitswochen, die Roßfeld-Historic-Rallye, der Faschingsumzug in der Ramsau, die 150-Jahr-Feier der Berchtesgadener Feuerwehr, die Fronleichnamsprozession, das Mittelalter-Fest in Piding, Filmdrehs zur Serie Lena Lorenz und der zeitintensivste Dienst an der Kunsteisbahn am Königssee, bei dem die Berchtesgadener wieder stark von der Reichenhaller Bereitschaft unterstützt wurden. Bei zahlreichen Veranstaltungen wie der jährlichen Notärzte-Tagung und Trau-Dich-Kursen für Vorschulkinder machten die Ehrenamtlichen Werbung für die Themen Rettung und Erste Hilfe. Neben vielen Übungen fanden elf praktische und theoretische Fortbildungsabende, darunter auch Arztvorträge mit durchschnittlich 18 Teilnehmern statt. Trotz der vielen Arbeit, auch für den Dienstbetrieb im Hintergrund, blieb Zeit für Grillabende, Ausflüge, Stüberlrunden, Weihnachtsfeier und Feste, die ein wichtiger Pfeiler für den kameradschaftlichen Zusammenhalt und ein guter Kontrast zu den auch belastenden Einsätzen sind. Raphael Richter und Michael Bayer kümmern sich seit Anfang 2017 um das örtliche Jugendrotkreuz.

25 SEG-Einsätze
Zwölf Frauen und 22 Männer gehören aktuell zur SEG, darunter ein Arzt, neun Rettungsassistenten, fünf Rettungssanitäter, vier Rettungsdiensthelfer und 15 Sanitätshelfer; fünf sind Gruppenführer, vier Truppführer, drei Einsatzleiter Rettungsdienst und einer Fachdienstführer Technik und Sicherheit. 2016 wurden sie mit den Schwerpunkten Notfälle der Atmungsorgane und Verhalten bei Terrorlagen fortgebildet; vier Mitglieder haben 2017 die Ausbildung zum Rettungssanitäter begonnen. Dr. Reinhard Reichelt engagiert sich als Bereitschaftsarzt, Dr. Eva Langelüdekke löst Matthias Pfeifer als SEG-Arzt ab, der an den Bodensee umgezogen ist. Nach dem Rekord-Jahr 2015 mit 49 Einsätzen, bedingt durch die vielen Flüchtlinge, musste die SEG 2016 25 mal ausrücken, davon allein 19 Spitzenabdeckungen für den regulären Rettungsdienst, fünf Brände und eine Evakuierung nach einem Bombenfund. „Das bedeutet, dass 19 mal kein Fahrzeug des Rettungsdienstes mehr verfügbar war und Patienten ohne uns länger auf Hilfe hätten warten müssen“, erklärt SEG-Leiter Bernd Resch.

Fast elf Prozent Ehrenamt im regulären Rettungsdienst und Krankentransport
Der hauptamtliche Rettungsdienst- und Krankentransport-Wachleiter-Stellvertreter Florian Stocker berichtete von den seit Jahren stetig steigenden Notfalleinsätzen ohne Notarzt: Von 2010 (286) bis 2016 (608) hat sich die Zahl mehr  als verdoppelt, während die Notarzt-Einsätze der beiden Berchtesgadener Rettungswagen auf einem konstant hohen Niveau bleiben (2016: 1.056) – das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) war zu 1.140 Notarzteinsätzen auch zusammen mit Rettungswagen anderer Wachen  ausgerückt. Gründe für die Verdoppelung der Notfälle sind die steigende Bekanntheit der vorwahlfreien Notrufnummer 112, eine gesunkene Hemmschwelle, den Rettungsdienst zu rufen, ein gestiegenes Anspruchsdenken der Bevölkerung, steigender Inland-Tourismus und die veränderte Kliniken-Struktur mit zunehmender Spezialisierung.

2016 wurden von den Fahrzeugen der Rettungswache Berchtesgaden auch 2.424 Krankentransporte absolviert; hinzu kommen 665 sonstige Einsätze wie Gebietsabsicherungen, Leer- und Fehlfahrten und nicht abrechnungsfähige Einsätze. Insgesamt war die Zahl der Einsätze (5.893) fast gleich hoch wie im Vorjahr (6.013). Zwölf Mitglieder der Bereitschaft arbeiten ehrenamtlichen im regulären Rettungsdienst mit und haben 2016 3.645 Stunden geleistet – was fast elf Prozent der gesamten Vorhalte-Zeit entspricht; sie bleiben so stets fachlich auf dem aktuellsten Stand und können ihr Wissen und ihre Erfahrung bei Sanitätsdiensten und im Katastrophenschutz an Kameraden weitergeben und anwenden.

Konstante Teilnahme bei der Blutspende
Historisch bedingt kommt der Blutspendedienst des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK) seit Jahrzehnten nach Berchtesgaden, wobei sich die Ehrenamtlichen der BRK-Bereitschaft unter Federführung von Andreas Seidler um die Organisation, Verpflegung und  Betreuung der Spender kümmern. Bei sechs Spendeterminen wurden 2016 1.361 Spendewillige (7,6 Prozent der spendefähigen Bevölkerung, drei mehr als im Vorjahr) und  1.313 gespendete Blutkonserven  (zwei mehr als im Vorjahr) erfasst, was einer leichten Zunahme bei den Spendewilligen und Blutkonserven entspricht; die Zahl der Erstspender nahm um 15 ab.

Dank & Lob für gute Zusammenarbeit
Söldner dankte seinem gesamten Team und den Familien, Förderern und Arbeitgebern für ihre Unterstützung und ihr Verständnis und lobte die Partner-Organisationen für die außergewöhnlich gute und unkomplizierte Zusammenarbeit. Der neue Berchtesgadener Polizeichef Willi Handke, der stellvertretende Berchtesgadener Feuerwehr-Kommandant Christian Buchwinkler und der Tennengauer ÖRK-Bezirksrettungskommandant Peter Steiner dankten in ihren Grußworten für das gute Verhältnis mit der BRK-Bereitschaft Berchtesgaden. Handke: „Wir alle, die Dienst am Nächsten leisten, haben ähnliche Probleme und müssen zusammenhalten!

 

Bereitschaftsleiter Walter Söldner (rechts) und sein Stellvertreter Florian Holzinger (links) bedankten sich bei der bisherigen stellvertretenden Bereitschaftsleiterin Melli Huber (Mitte) und ernannten Bernd Resch (Zweiter von rechts) und Claudia Hinterseer (Zweite von links) zu den neuen Fachdienstleitern Sanität der Bereitschaft.

Kreisbereitschaftsleiter Florian Halter (links) und Bereitschaftsleiter Walter Söldner (Mitte) zeichneten acht langjährige, sehr aktive Ehrenamtliche der Bereitschaft aus (von links): Hans Lackner (50 Jahre), Sabine Walter (35 Jahre), Peter Dengler (40 Jahre), Claudia Hinterseer (15 Jahre), Sabine Quetscher (10 Jahre), Florian Holzinger (20 Jahre), Florian Stocker (15 Jahre) und Bernd Resch (zum Fachdienstleiter Sanität ernannt).

 

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